Der Hamburger Pianist Alexander Krichel – live "in Ulm, um Ulm und um Ulm herum" exklusiv für den Lions-Club Ulm/Neu-Ulm – Alb-Donau


PRESSE.

Auszüge aus den Rezensionen zum 5. Konzert

Es flattert und tost auf dem Tastenmeer

von Christa Kanand, Südwest Presse Ulm, 3. April 2023


Star-Pianist Alexander Krichel überwältigt mit dem Dreiklang Händel, Brahms und Rachmaninoff.

 

Die Magie der ersten Töne: Signalwirkung haben die drei Fortissimo-Oktaven von  Sergej Rachmaninoffs Cis-Moll-Präludium, seinem populärsten Werk. Alexander Krichel hörte sie als Neunjähriger: „Sie haben mich nicht mehr losgelassen.“ Die Verbundenheit mit dem russischen Spätromantiker prägte den inzwischen weltweit gefragten Star-Pianisten. (...)


Händels viersätzige B-Dur-Suite in ihrer barocken Klangpracht stellte Krichel an den Anfang. Auf ihr fußten Brahms' „Variationen und Fuge B-Dur über ein Thema von Händel“ in genialer Variations­technik, verankert zwischen Barock und Romantik. In 25 Sätzen stellt Brahms, der selbst ein begnadeter Pianist war, fast 30 Minuten lang irrwitzig virtuosen Anspruch. Mit Emotionalität, vollem Körpereinsatz, wandlungsfähigem Zugriff, schier grenzenlos pianistischem Vermögen zog der Interpret umjubelt in seinen Bann.

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    Akkorde wie Peitschenhiebe


    Tastenpoet, Tastentiger oder Magier voller Suggestivkraft? Für Krichel gilt alles, besonders im zweiten Teil, dem Herzstück mit Rachmaninoffs „Études-Tableaux“, op. 39 - neun Klanggemälde von pastellfarbener Melancholie-Aura bis zu großem Drama. In dem halsbrecherischen Gipfelwerk flattert und tost es in „Das Meer und die Möwen“, donnern Stahlgewitter und repetierte Akkorde wie Peitschenhiebe, um im Wahnsinnstempo die Brutalität in der sechsten Miniatur  „Rotkäppchen und der Wolf“ überwältigend hörbar zu machen.


    Nach 340-fachem Begeisterungssturm und stehenden Ovationen verabschiedete sich Krichel bis zum nächsten Mal – am 1. März 2024 – mit Rachmaninoffs bekannter „Vocalise“ als Zugabe. Ja, und dann doch: das Cis-Moll-Präludium, Rachmaninoffs Welt-Hit. 

Erst das Stadthaus in Ulm, dann die Elbphilharmonie in Hamburg

von Dagmar Hub, Neu-Ulmer Zeitung, 3. April 2023


Alexander Krichel ist eine Ausnahmeerscheinung unter den Pianisten, die in jungen Jahren Erfolge zu verbuchen haben. Warum, zeigt er in Ulm für einen guten Zweck.

 

Alexander Krichel hält Wort: (...) Der 34-jährige Ausnahmepianist kam zum fünften Mal im Frühling ins Stadthaus; seit 2019 spielt er auf der Stadthaus-Bühne, um das Ulmer Hospiz zu unterstützen. (...) Eines der Markenzeichen von Alexander Krichel ist, dass er sich leidenschaftlich verausgabt bis zur Erschöpfung: so am Abend vor dem 150. Geburtstag des russischen Komponisten udn Pianisten Sergej Rachmaninoff mit dessen "Etudes Tableaux". Die neun Etüden dieser Sammlung gehen an die technischen und klanglichen Grenzen eines Flügels – und auch an die physischen und psychischen selbst eines Spitzenpianisten. 

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    Alexander Krichel präsentierte sich irrwitzig virtuos in diesen musikalischen Kurzgeschichten, die zum Teil auch romantisch sein können, die aber mehrheitlich derart dramatisch sind, dass beispielsweise die sechste der musikalischen Kurzgeschichten, von Rachmaninoff "Rotkäppchen und der Wolf' genannt, eine grausame Jagd schildert – und zu den schlimmsten Minuten gehört, die ein Pianist durchleben kann, wie Alexander Krichel sagt. Entsprechend lastend ist die folgende Etüde, ein schwerer, schmerzhafter Trauermarsch für die "Rotkäppchen genannte Figur, unterlegt vom Ticken einer Uhr – bis sich die Klänge in einem auf dem Flügel nachzuahmenden Glockengeläut auflösen. (...)

    Im ersten Teil des Abends hatte Krichel Georg Friedrich Händels B-Dur-Suite und jede 25 "Variationen und Fuge B-Dur", die Johannes Brahms über eben jenes Händel-Thema komponierte, gegenübergestellt – so expressiv gespielt und interpretiert, dass das Publikum bereits zur Pause restlos begeistert war. (...) 

Auszüge aus den Rezensionen zum 4. Konzert

Wenn der Flügel singt

von Gottfried Lothar, Südwest-Presse, 11. April 2022


(...) Krichel begann mit Mozarts Sonate in F-Dur KV 332. Mit meist geschlossenen Augen malte der Pianist das Allegro ebenso farbenreich wie das chromatisch spannende Adagio und das finale Allegro assai, das gleich einem Perpetuum mobile dahinflog, um überraschend im Nichts zu enden. Nach dieser tollen Eröffnung erklangen Variationen, die Frédéric Chopin als sein Opus 2 mit 17 komponiert hatte. Erst erahnte man die bekannte Melodie in der Introduktion nur. Doch dann wurde sie in den Variationen brillant bearbeitet (...), bis das Alla Polacca das umjubelte Ende brachte. (...).

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    Nach der Pause ging es mit der Englischen Suite Nr. 2 a-Moll weiter. Beim ausladenden Präludium im Stile eines Konzertsatzes und den sechs Tänzen mitsamt der majestätischen Sarabande gelang Krichel eine analytisch bestens durchdachte Version. (...) Zum Abschluss und Höhepunkt standen Prélude, Choral et Fugue auf dem Programm, eine Referenz an den Thomaskantor im ersten Klavierwerk von César Franck. Krichel spielte gefühlvoll und hochvirtuos dieses Werk, das ihm sehr nahesteht. Nach den Standing Ovations erklang passend als Zugabe ein wunderschönes „Lullaby“ aus der Feder des Pianisten.

Pianist von Weltrang hilft mit Konzert im Ulmer Stadthaus dem Hospiz

von Dagmar Hub, Neu-Ulmer Zeitung, 12. April 2022


(...) Stehende Ovationen, minutenlang und in einem ausverkauften Haus: Auch für einen Weltklasse-Pianisten ist das nach zwei Jahren Pandemie-Beschränkungen ein glücklich machender Moment. Alexander Krichel erlebte ihn bei seinem vierten Ulmer Konzert im Stadthaus. (...) Der 33-Jährige (...) stellte in den beiden Hälften des Konzerts jeweils zwei Komponisten gegenüber, von denen einer der anderen bewundert hatte: Frédéric Chopin, der Inspirationen aus dem Werk des von ihm verehrten Mozart nahm, und César Franck, der sich mit dem musikalischen Erbe Johann Sebastian Bachs beschäftigte und ihm musikalisch ein Denkmal setzte.

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    Alexander Krichel spielte in Ulm erstmals (das) von ihm gestaltete Konzertprogramm, (...) das seiner Energie und seiner Konzentration viel abverlangte (...). Endet Mozarts F-Dur-Sonate für den Pianisten in einer Tour de force, so stellen Chopins Variationen (...) einen Parforceritt durch technische Höchstschwierigkeiten dar. (...) In der zweiten Hälfte stellte Krichel wiederum das inspirierende Werk voran, Johann Sebastian Bachs Englische Suite in a-Moll, um dann mit César Francks "Prélude, Choral et Fugue" grandios und monumental seine ungeheuren technischen Fähigkeiten wie seine Emotionalität einzusetzen – von den harfenartigen Klängen des Beginns über das fragende Nachdenken des Präludiums (...) zum Kulminationspunkt in der Fuge, die das Harfenthema des Beginns wieder aufgreift – um am Ende in Dur zu einer klaren Auflösung zu kommen. (...)

Rezension zur Extra!Matinee am 19.09.2021 – NUZ
Umjubeltes Piano-Konzert

von Dagmar Hub, Neu-Ulmer Zeitung, 21. September 2021

Ulm Welch ein Unterschied: Als der Weltklasse-Pianist im Februar im Stadthaus sein drittes Benefizkonzert zugunsten des Ulmer Hospizes gab, war er allein im Stadthaussaal, und Kameras streamten das Konzert in alle Welt, bis zu Zuhörern in den USA und in Asien. Bei seinem Extrakonzert am Sonntag erlebte der in Hamburg geborene Echo-Klassik-Preisträger Alexander Krichel eine komplett andere Atmosphäre, die in der Zeit der Pandemie eine ungewöhnliche war – ein fast komplett gefüllter Saal, Standing Ovations und Bravo-Rufe.

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    Dabei hatte sein aus dem Stadthaus gestreamtes Februar-Konzert sogar Folgen für sein neues Album, das am 1. Oktober erscheint – die Entscheidung, Modest Mussorgskys Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung“ George Enescus zweiter Suite gegenüberzustellen, fiel nach jenem Stadthaus-Konzert, erzählt der Pianist.


    Diese Werke präsentierte Krichel am Sonntag beim Extrakonzert zugunsten des künftigen Hospizgartens – virtuos die sehr selten gespielte Suite des rumänischen Impressionisten Enescu, die in ihren vier Sätzen auf barocke Tanzstücke zurückgreift, sie aber individuell, emotional, im Geist des frühen 20. Jahrhunderts (die Suite entstand zwischen 1912 und 1914) interpretiert. Seine geniale Meisterschaft und seine Präsenz spielte Krichel in den zehn „Bildern einer Ausstellung“ aus, die er dem Publikum vorab in ihrer Bedeutung als Gesamtwerk (die Trauer Mussorgskys über den Tod seines Freundes) und in der philosophisch-spirituellen Bedeutung erläuterte, wie er sie spürt. 


    Wobei die Interpretation vor allem der letzten drei Bilder – die Todesbilder der „Katakomben“, die Höllenangst bei der Hütte der menschenfressenden Baba Yaga und der überstrahlende Glanz des Tores von Kiew, das nichts tut, sondern einfach existiert – in ihm selbst eine große Tiefe ausgelöst haben, sagte Krichel später. Seine Interpretation, enorm plastisch, wahrhaftig, extrem emotional und über die Ohren Bilder schaffend – faszinierte die Zuhörer im Stadthaus derart, dass das Publikum im Verklingen des letzten Tons aufsprang und stehend applaudierte, darunter auch Ulms neuer GMD Felix Bender. Eigentlich, schilderte Krichel, sei mit diesem Werk alles gesagt und es deshalb fast unmöglich, eine Zugabe zu spielen – und spielte dennoch eine Nocturne des Komponisten Alexander Borodin. 


    Am Tag vor dem Konzert hatte Krichel in Ulm vier jungen Menschen, darunter einer Ulmerin, Meisterkurse gegeben. Eine Bewerbung für seinen Kurs in Ulm im nächsten Jahr hatte es bereits im Anschluss an sein Konzert im Stadthaus gegeben. Für ihn ist es eine zentrale Aufgabe, jungen Menschen Musik zu vermitteln. „Das Wichtigste ist, dass man versucht, sie zu inspirieren“, sagt der 32-Jährige. Dazu gehöre es, herauszugehen aus der Sicht, dass es beim Klavier vor allem um die Vermittlung des Technischen geht. In Schanghai machte er sogar die Erfahrung, dass bei Meisterkursen für einige wenige Studenten weitere 120 Musikstudenten zuhören wollen. Anders in Ulm, wo ausgewählte junge Talente je 90 Minuten mit dem Pianisten alleine hatten, die er nutzte, um vor allem zu vermitteln, dass Musik Menschen berührt. Ein Beispiel: Das Stampfen der Ochsen vor dem Karren im vierten der „Bilder einer Ausstellung“ löst andere Bilder aus als das bedrohliche, ängstigende Sein der Hexe Baba Yaga.

Rezension zur Extra!Matinee am 19.09.21 – SWP


Überbordende Intensität

von Petra Lehmann, Südwest-Presse Ulm, 21. September 2021


Eigentlich hat Alexander Krichel das vom Lions-Club organisierte dritte Benefiz-Klavierkonzert zugunsten des Ulmer Hospizes bereits Ende Februar gegeben. Allerdings ohne Publikum und nur als Stream im Internet mit Beethovens „Appassionata“ und Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“. Nun konnte man den 32-Jährigen aus Hamburg doch noch live in einer sonntäglichen Matinee im Stadthaus erleben.

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    Wieder standen die „Bilder einer Ausstellung“ im Mittelpunkt, umrahmt von der eher unbekannten Suite Nr. 2 des rumänischen Komponisten George Enescu und einer ruhigen Nocturne von Alexander Borodin als Zugabe. Neben seiner virtuosen Fingerfertigkeit schaffte es Krichel immer wieder, emotional an die Grenze zu gehen. Während dies in der neoklassizistisch gehaltenen Suite mit starken Einflüssen Claude Debussys noch verhalten zu spüren war, kamen die Gefühle in den „Bildern“ so richtig in Wallung.


    Die Mimik und Körpersprache Krichels sprachen Bände und übertrugen sich eins zu eins auf das Publikum. Wie elektrisiert waren sie nach dem Schlussakkord von der überbordenden Intensität der soeben gehörten Musik. Ein geniales Werk, gespielt von einem genialen Pianisten, der mit stehenden Ovationen bedacht wurde und zum Glück noch öfter bei den Benefiz-Konzerten des Lions-Club zu hören sein wird.

Rezension zum 3. Konzert


Grandioses Spiel eines Virtuosen

von Burkhard Schäfer, Südwest-Presse Ulm, 2. März 2021


Mit Hingabe bringt Alexander Krichel die „Appassionata“ und „Bilder einer Ausstellung“ im Live-Stream zu Gehör.


„Zum Glück – und leider“ habe er schon Erfahrung in Sachen Live-Konzerte ohne Publikum, die wegen Corona derzeit nur im Internet zu erleben sind, meinte Alexander Krichel vor dem vom Lions-Club organisierten Benefizkonzert für das Ulmer Hospiz und lachte. Wobei das mit dem Publikum eine ambivalente Sache ist: Einerseits fehlt es natürlich im Saal, andererseits können sich in einen Stream „unendlich“ viele Menschen aus allen Ecken der Welt zuschalten. Und da er wisse, dass auch Freunde aus New York zuschauen würden, fühle er sich mit allen verbunden, die heute zwar nicht „hier“, dafür aber „jetzt“ dabei seien. (...)

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    Mit Beethovens „Appassionata“-Sonate und den „Bildern einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky hatte Krichel zwei Ikonen der Klavierliteratur aufs Programm gesetzt. Mit 14 Jahren habe er die „Appassionata“ das erste Mal gespielt, seitdem sei sie ihm besonders ans Herz gewachsen, bekannte Krichel. Diese tiefe Verbundenheit konnte man nicht nur hören, sie spiegelte sich auch in Gesicht und Körpersprache des Pianisten wider.


    Die nach dem Schlussakkord mangels Publikum eintretende Stille wurde dann mit dem zweiten Stück, „Bilder einer Ausstellung“, schnell wieder klangreich gefüllt. Der Zyklus schildere im Grund eine Lebensgeschichte, erklärte Krichel. „Bis zum vorletzten Bild, ‚Die Hütte der Baba Jaga’, wird die Musik immer dunkler – bis man dann am Schluss vor dem goldenen ‚Heldentor von Kiew’ steht. Dieses Tor ist wie eine Befreiung und Erlösung – und deshalb passt die Musik für mich auch so gut zum Hospiz-Gedanken.“ Ohne Corona hätte es für diese exzeptionelle Darbietung sicherlich stehenden Beifall gegeben. Der blieb notgedrungen aus; nicht so de Zugabe: Nocturne in cis-Moll von Frédéric Chopin. Ganz klar: Krichel und diese Benefiz-Konzertreihe sind ein Glücksfall für Ulm.

Rezension zum 2. Konzert

Ein Pianist, der den Menschen die Klassik wieder nahebringt

Der Pianist Alexander Krichel hat im Stadthaus gespielt – und mit seinem Können die zahlreichen Zuhörer verzückt.

Von Dagmar Hub (Augsburger Allgemeine/NUZ 08.03.2020)

Alexander Krichel gilt als Meister seines Fachs. In einer Konzertreihe verzückt er zahlreiche Zuhörer in Ulm.


Mut, der belohnt wird, und der dazu noch Gutes tut: Während vielerorts zu Konzerten klassischer Musik immer weniger Publikum kommt, gründet sich auf Initiative des Lions-Clubs Ulm/Neu-Ulm – Alb-Donau und des Weltklassepianisten Alexander Krichel in Ulm eine neue Konzertreihe. „Alexander Krichel in Ulm“ heißt sie, und nach dem – zunächst gar nicht als Auftakt einer Konzertreihe gedachten – Auftritt Krichels im vergangenen März in Ulm gab es am Samstagabend das zweite Konzert des 31-Jährigen.

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    Er spielt bereits in den renommiertesten Konzertsälen dieser Welt. Nach dem zweieinhalbstündigen Konzert, an dessen Ende das Publikum im praktisch ausverkauften Stadthaus dem Pianisten geschlossen stehend huldigte, stand bereits der Termin für das dritte Konzert des Weltklassepianisten in Ulm fest. Krichel verzichtet für die Reihe auf einen Teil seines Honorars und unterstützt damit den Bau eines geplanten Besinnungsgartens am Ulmer Hospiz. Zudem kamen vier Klavierschüler der Musikschulen in Ulm und Neu-Ulm am Wochenende in den Genuss eines Meisterkurses mit dem Pianisten. Alexander Krichel hat in seinem noch jungen Leben schon viele gehen lassen müssen, denen er nahe war. Das ist der Grund, warum der hochsensible Musiker Hospize unterstützt – in seiner Heimatstadt Hamburg und in Ulm.


    Konzert in Ulm mit emotionalen Werken

    Für sein diesjähriges Ulmer Konzert hatte Krichel Werke voll tiefgreifender menschlicher Emotionen auf sein Programm gesetzt – Kompositionen, in denen Abschied und Wiedersehen, Verlockungen und tödliche Gefahren zu Klang werden. Ludwig van Beethoven stand Erzherzog Rudolf von Österreich nahe. Die Flucht des Freundes und Förderers vor den napoleonischen Truppen im Mai 1809 traf Beethoven ins Herz, er fasste diese Gefühle in eine Sonate, die heute „Les Adieux“ genannt wird – und die Gefühle des „Lebewohl“, der Leere des Vermissens – und das glückliche Wiedersehen im Januar 1810 ließ Alexander Krichel mit seinen langen, schmalen Händen am Flügel erlebbar werden.


    Ähnlich Beethovens „Sturm“-Sonate: Hier krachen Urgewalten aufeinander. Ob die Sonate wirklich Shakespeares Drama in Klang interpretiert, oder ob Beethoven radikal zu sich selbst fand, als er sein Gehör zu verlieren begann, ist unklar. Überliefert ist jedoch, dass er einen begriffsstutzigen Schüler, der Schwierigkeiten mit der Interpretation des Werkes hatte, anfuhr, er solle Shakespeares „Sturm“ lesen, dann werde er schon verstehen.


    Noch extremer, gleichsam infernalisch geht es zu bei Franz Liszts „Après und lecture de Dante“, die effektvoll einen unausweichlichen Ritt zur Hölle beschreibt. Unglaublich subtil interpretiert Krichel, selbstbewusst, klar und doch voller Seele.


     Höhepunkt des Konzerts kommt im Finale

    Den absoluten Höhepunkt des Abends aber bewahrt er sich fürs Finale auf: Maurice Ravels „Gaspard de la nuit“ bezieht sich auf drei Schauergeschichten Aloysius Bertrands und gilt sowohl technisch als auch von der philosophischen Interpretation her als das schwierigste Solo-Klavierstück, das je komponiert wurde. Mit singendem Klang, durchscheinend und verführerisch lässt Krichel die Wassernixe Undine Männer ins Unheil locken, während Regentropfen an das Fenster des Dichters schlagen; Krichel lässt in „Le Gibet“ („Der Galgen“) minutenlang einen Galgen im Wind knarren und knarzen, an dem ein Hingerichteter hängt – und ganz am Ende wächst in „Scarbo“ ein Klabauter im Traum eines Menschen zu riesenhafter, zimmerfüllender Größe. Dieser Schlusssatz ist derart virtuos, dass die Hände des Pianisten zu fliegen scheinen, dass er immer wieder die langen Finger kurz zur Faust ballt und der Zuschauer auf die Stabilität des Klavierhockers hofft.


    Nach den stehenden Ovationen des Publikums schenkt Alexander Krichel den Zuhörern zarte Klänge, um wieder in die Realität zurückzukehren: „Silberne Wolken jagen den Mond“ brachte der in London lebende Pianist einmal von einer China-Tournee mit. Und weil Krichels Verbindung zum Ulmer Publikum eine stabile zu werden beginnt, erhält er am Ende einen nummerierten Ulmer HfG-Hocker. Das dritte Konzert der Reihe „Alexander Krichel in Ulm“ wird am 26. Februar 2021 stattfinden. Auch dessen Erlös soll ein Projekt des Ulmer Hospizes fördern.

Rezension zum 1. Konzert

Krichel bringt Klavier zum Singen

Benefizkonzert: Der Pianist elektrisiert das Publikum im Stadthaus mit Stücken aus der Früh- und Hochromantik.

Von Burkhard Schäfer (Südwest-Presse Ulm 02.04.2019)

Er sei ein romantischer Mensch, bekannte Alexander Krichel einst in einem Interview. „Und romantisches Repertoire gibt einem die Möglichkeit, mit Gefühlen sehr ehrlich zu sein.“ Beim Benefizkonzert des Lions-Club Ulm/Neu-Ulm – Alb-Donau im Stadthaus, das der Pianist zu Gunsten des Besinnungsgartens am Hospiz Ulm gab, konnten die Besucher diese emotionale Aufrichtigkeit geradezu schmerzhaft intensiv erleben. Romantik pur hatte Krichel auf sein Programm gesetzt, genauer gesagt: Werke der deutschen Früh- und Hochromantik – von Ludwig van Beethoven („An die ferne Geliebte“), Franz Liszt („Venezia e Napoli“), Richard Wagner („Isoldes Liebestod“) und Robert Schumann („Symphonische Etüden“).

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    Beethovens Liederzyklus, mit dem das Konzert begann, ist für Klavier und (männliche) Stimme komponiert. Liszt vertraute den Gesangspart in seiner genialen Bearbeitung dem Klavier an, und es zeigte Krichels Klasse, wie er sein perkussives Instrument buchstäblich „überlisztete“ und ihm reinsten Gesang entlockte.


    Dann war Liszt als Originalkomponist zu erleben. Die drei Stücke „Venezia e Napoli“ zählen zur Sammlung „Années de pèlerinage“ und zeigen ihren Schöpfer im Zenit seines Könnens. Krichel blieb den Stücken nichts schuldig. Seine begnadeten Finger verbanden innigste Poesie und rauschende Virtuosität zu einem Ganzen. Das Publikum war am Ende wie elektrisiert: laute Bravo-Rufe, ungläubiges Staunen. Konnte es noch romantischer, noch inniger und seelenvoller werden?


    Es konnte! Mit Isoldes Liebestod. Wenn dem Bearbeiter Liszt je ein Geniestreich unwiederholbar gut gelungen ist, dann damit. Noch lustvoller als Isolde kann man auf der Opernbühne nicht sterben. Krichel zeichnete die Erregungskurve so gnadenlos gut nach, dass der Höhepunkt am Schluss vollkommen war.


    Nach der Pause stand nur noch ein einziges Werk im Zentrum: die „Symphonischen Etüden“. Schumann schloss diesen Zyklus nie wirklich ab, wie Krichel erklärte, da er ständig Etüden ergänzte und wieder verwarf. Er spiele heute „die vollständigste Fassung“ – und tat es mit Hingabe und Brillanz. Zum Dank erhielt er einen Riesenapplaus. Als Zugabe gab er ein Wiegenlied zum Besten – komponiert vom Pianisten selbst. Romantisch? Und wie!

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